Schulleben

Frauen in der Welt der Literatur – eine Ausstellung der Q12

Warum sind weibliche Märchenfiguren wie Rotkäppchen, Aschenbrödel und Schneewittchen stets als wunderschön, gutgläubig und naiv dargestellt, ihre Gegenspielerinnen aber als kaltherzig, meist hässlich, egoistisch und machtbesessen? Warum verstärken die Frauenfiguren in den Romanen und Dramen, die wir in der Schule lesen, Geschlechterstereotype noch? Warum lesen wir im Unterricht eigentlich fast ausschließlich Werke von männlichen Autoren? Können Männer Alltagserlebnisse, Schicksale, Hoffnungen und Träume von Frauen besser verstehen, literarisch verarbeiten und Leserinnen nahebringen als es weibliche Autorinnen könnten? Was macht es mit uns, wenn uns Bücher die Welt fast ausschließlich aus der männlichen Perspektive vermitteln? Wo sind die starken Frauenfiguren?

Im Rahmen des Unterrichtes beschäftigte sich unser Deutschkurs intensiv mit diesen Fragestellungen. Schnell wurde beschlossen, aus der eigentlich fiktiven Aufgabenstellung eines Übungsaufsatzes zum informierenden Schreiben eine wirkliche Ausstellung zum Thema „Frauen in der Welt der Literatur“ zu erstellen. Nachdem jeder sein Interessensgebiet gewählt hatte, begann die Recherche und die Erstellung der Ausstellungsbeiträge. Die informativen, kreativen und teilweise interaktiven Ergebnisse konnten vom 25. Februar bis zum 14. März in der Oberen Bibliothek bestaunt und ausprobiert werden. Neben Infoplakaten und Büchertischen zu unterschiedlichen Schwerpunkten konnten Besucherinnen und Besucher ihr Wissen in einem Kahoot-Quiz testen und eigene literarische Vorlieben sichtbar machen. Erklärvideos zu Frauenfiguren in traditionellen und modernen Märchen konnten aufgerufen und Instagram Profile von Märchenprinzessinnen besucht werden.

Die Ausstellung zeigt, dass sich die Darstellung weiblicher Figuren in der Literatur stetig wandelt. Während Frauen lange Zeit entweder als schwach, passiv und anpassungsfähig oder als eigenständig und damit gefährlich gezeichnet wurden, brachen Autorinnen wie Jane Austen mit diesen Stereotypen und schufen selbstbewusste, vielschichtige Charaktere. Doch trotz dieser Fortschritte sind traditionelle Frauenbilder noch immer in vielen Erzählungen und gesellschaftlichen Vorstellungen verankert.
Auch im Unterricht erfahren wir oft, dass männliche Autoren eine präsentere Rolle in der Literatur spielen. Im Zuge unserer Ausstellung fand eine Analyse bezüglich der Frauenquote unter den behandelten Schriftstellenden während der Schullaufbahn statt. Diese ergab, dass trotz fortgeschrittener Gleichberechtigung weibliche Autorinnen einen deutlich kleineren Anteil der Literatur verfassten, die in Bildungseinrichtungen vorgegeben werden. Insbesondere in der gymnasialen Oberstufe enthalten die Lektüreempfehlungen kaum Werke von Frauen. Mangel besteht auch an literarischen Frauenfiguren, die als Vorbilder für Mädchen und junge Frauen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben dienen können.

Die Reflexion über Frauenfiguren in der Literatur bleibt daher ein wichtiger Bestandteil der Diskussion über Gleichberechtigung und Rollenbilder – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart.

von Corinna Heberle

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